Bevor wir auf die aktuelle Saison eingehen, wie war dein Winter nachdem Titelgewinn?
Ich trage immer noch sehr vielFreude in mir.
Das Erlebnis, das Eidgenössische bei uns zu Hause zu gewinnen, ist einfachunbeschreiblich. Es geht dabei nicht nur um den persönlichen Titel, sondern vorallem um das, was wir als Mannschaft, als Gesellschaft und als Dorf gemeinsamerreicht haben.
Manchmal kommt mir das alles immer noch surreal vor, und ich frage mich, wie esüberhaupt möglich war und wie perfekt alles abgelaufen ist. Eine Geschichtekönnte man nicht besser schreiben.
Dieses Fest wird ich mein Leben lang in bester Erinnerung behalten.
Hat sich für dich etwas geändert seit dem Titel?
Eigentlich nicht. Ich habe dasGefühl, dass ich die Sache immer noch mit der gleichen Einstellung angehe wievorher. Was sich jedoch verändert hat, ist eine gewisse Lockerheit, die ichjetzt in mir spüre. Mir ist auch bewusst geworden, welchen Druck ich mir in derVergangenheit selbst auferlegt habe.
Wenn wir kurz zurückblicken: Den Sieg in der Einzelwertung der NLA hastdu im letzten Spiel knapp verfehlt. Wer vor Ort war, hat gemerkt, dass dieEnttäuschung gross war. Beim Königsstich war der letzte Abschlag, wie auch inder Meisterschaft nicht ideal. Hast du dafür eine Erklärung?
Ich gehe immer mit dem Ziel an denStart, mein Bestes zu geben und jeden Schlag optimal zu treffen. Direkt nachdem Spiel war die Enttäuschung gross, weil ich wusste, dass ich dieMeisterschaft hätte gewinnen können, wenn alles nach Plan gelaufen wäre.
In dieser Saison habe ich mireinige Spiele, unter anderem das letzte Meisterschaftsspiel, als eine ArtHauptprobe vorgenommen. Es war mir extrem wichtig, dass das nicht schiefgeht,da ich mir selbst beweisen wollte, dass ich es kann.
Im Nachhinein bin ich froh, dasses so gekommen ist. Es hat mir gezeigt, dass ich noch einmal intensiver daranarbeiten muss, und genau das habe ich dann auch mit meiner Mentaltraineringetan.
Wir haben gemeinsam festgestellt,dass ich zu verbissen war. Aus diesem Grund haben wir im Mentaltrainingsogenannte Anker gesetzt, damit ich in solchen Situationen künftig besserreagieren kann.
Diese Erkenntnisse warenentscheidend für den Erfolg beim Fest. So konnte ich bis zum letzten Schlag imKönigsstich alle Streiche perfekt treffen.
Was war der Grund, dass dir dein letzter Streich nicht optimal geglücktist?
Für mich ist es wichtig, dass beieinem so grossen Anlass wie dem Königsstich die ganze Situation so ‚normal‘ wiemöglich bleibt – also so, wie es die Teilnehmenden gewöhnt sind. In der Zeitzwischen den einzelnen Streichen, während ich auf das Ergebnis wartete, bin ichaus meiner Spannung rausgefallen und habe plötzlich alles um mich herumintensiver wahrgenommen. Besonders die Information des Speakers, dass ich ‚nur‘einen 19er benötige, hat mich völlig aus dem Konzept gebracht. Ich finde, dasssolche Infos in Zukunft erst nach beiden Streichen bekannt gegeben werdensollten, um nicht unnötig die Konzentration zu stören.
Was waren deine Gedanken, als du den Bockstand verlassen hast?
Am liebsten wäre ich in diesemMoment im Boden versunken. Ich hatte das Gefühl, dass der Hornuss im Bereichdes 19ers landen könnte, aber irgendwie hatte ich keine Hoffnung, dass esausreichen würde. Der Gedanke, dass mir das schon wieder passiert, war wirklichschlimm. Es war mir sehr peinlich, da zu stehen und auf das Ergebnis zu warten,deshalb wollte ich mich am liebsten sofort zurückziehen. Die Erlösung, als ichdie Information bekam, dass es doch gereicht hat, war unglaublich gross.
Was hältst du vom Königstich?
Ich finde den Königstich für unseren Sport genial und sehr attraktiv fürdie Zuschauer. Für denjenigen, der die 1. Stärkeklasse gewinnt, ist esallerdings eine schwierige Ausgangslage. Er kann eigentlich nur verlieren, sowie es mir in Walkringen 2018 ergangen ist, als ich die Wertung der 1.Stärkeklasse klar gewonnen habe.
Ich finde, dass der Modus vom Verband einmal festgelegt werden sollte unddann immer gleichbleiben muss. Es darf nie wieder passieren, was in Lysspassiert ist, als man Martin Stettler ganz klar um die Krone betrogen hat.
Wie ist für dich der Stellenwert des Titels ‚Schlägerkönig‘ imVergleich mit dem Gewinn in der 1. Stärkeklasse?
Für mich ist das nicht wirklichvergleichbar. Meiner Meinung nach ist es einfacher, in guter Form vier Trefferin kurzer Zeit zu landen, als über zwei Tage oder eine ganze Saison hinweg einekonstante Leistung zu bringen. Trotzdem bleibt der Königstitel im Hornussen dasHöchste, was du erreichen kannst, da nur wenige Spieler die Möglichkeit haben,um die Krone zu kämpfen. Aus diesem Grund hat dieser Titel auch für mich einenunglaublich hohen Stellenwert.
Du konntest für dich persönlich deine großen Ziele erreichen. Zudem derFest-Sieg mit der Mannschaft und das ausgerechnet am Heim-Fest. War dasbesonders speziell?
Für mich persönlich war es eineabsolut geniale Entschädigung nach all den, zum Teil bitteren Niederlagen inder Vergangenheit. Es ist einfach eine wunderschöne Geschichte, dass all dasausgerechnet zu Hause erreicht werden konnte. Was unser Team in den letztenJahren geleistet hat, macht mich unglaublich stolz.
Seit einigen Jahren gehörst du zu den Besten und entsprechend auch zumFavoritenkreis. Hattest du den Eindruck, dass sich nun, da es endlich geklappthat, mehr Menschen für dich gefreut oder es dir gegönnt haben?
Das habe ich besonders im Vorfeldwährend der Aufbauarbeiten mit der Dorfbevölkerung, den Bekannten, Freunden undmeiner Familie wahrgenommen. Ich habe festgestellt, dass ich in derVergangenheit oft das Gefühl hatte, es würde von mir erwartet und deshalbsetzte ich mich selbst unter Druck. Diesmal habe ich jedoch gemerkt, dass eseigentlich so ist, dass mir alle das Beste wünschen und sich mit mir freuenwürden. In der Vorbereitung war das sehr hilfreich, da ich diesen Druck nichtmehr so stark gespürt habe, der mir früher oft Probleme bereitet hat.
Ein Grossteil des Teams war bei der Organisation sehr aktiv und hat derHornusser-Familie ein grossartiges Fest beschert. Wie viel Einfluss hattedieses Engagement auf die sportliche Vorbereitung?
Im Vorfeld hatten wir grossenRespekt davor, alles unter einen Hut zu bringen und wollten aus den Fehlern undErfahrungen von 2009 lernen. Die Aufbauarbeiten bei dieser Hitze warenkörperlich sehr anstrengend. Schon bei der Planung war uns klar, dass dieErholung eine entscheidende Rolle spielen würde. Die Spiko hat in derVorbereitung wirklich hervorragende Arbeit geleistet. Wie anstrengend dergesamte Anlass war, wurde vielen erst richtig bewusst, als danach wieder etwasRuhe einkehrte.
Heute stand für dich das zweite Meisterschaftsspiel in Wichtrach aufdem Programm. Da ihr dieses Wochenende eine Doppelrunde spielt, wird es morgenbereits das dritte sein. Was ist dein Fazit zum heutigen Tag?
Es war sehr ernüchternd. In denletzten Jahren habe ich bemerkt, dass mir persönlich oft die Sicherheit undKonstanz fehlen. Besonders heute fühlte ich mich nicht bereit und wusste nichtgenau, welche Fehler ich gemacht habe. Diese Unsicherheit in solchen Momentenauszublenden, ist entsprechend schwierig. Aber das gehört dazu und macht einenletztlich stärker.
Gibt es etwas, das du fürs morgige Spiel anpasst?
Es ist für mich wichtig, jedesSpiel und die Streiche, die nicht gelungen sind, zu analysieren. Nur wenn ichdas abschliessen kann, bin ich in der Lage, mich auf das neue Spiel zufokussieren und den perfekten Streich für mich zu visualisieren. Neuer Tag,neues Glück.
In der ersten Runde haben euch Bern-Bündenfeld A und Wäseli Aüberschlagen. Wie schätzt du die Stärke eures Teams ein?
Wir wissen, was wir können und aufwelche Aspekte wir uns konzentrieren müssen. Wir haben ein sehr starkes Kader.Wir haben noch etwas Luft nach oben und das ist auch gut so. Denn wir wollenuns von Spiel zu Spiel weiter steigern. Wir sind auf einem sehr guten Weg.
Was sagst du dazu, dass der Schwingerkönig Christian Stuck wieder aktivmitmacht und bereits in der ersten Runde geglänzt hat?
Ich freue mich sehr, dass er nunwieder beim Hornussen anzutreffen ist. Er war früher ein Hornusser und ich habees verstanden, dass es während seiner erfolgreichen Schwingerkarriere zeitlichnicht möglich war, sich dem Hornussen zu widmen. Für mich ist er eine echteBereicherung für unseren Sport, es ist schön einen solchen Sportler in unserenReihen zu haben.
Ich war beim zweiten Umgang vorOrt, wir haben uns begrüsst. Die Gratulation muss ich wohl noch nachholen.
Du hast ebenfalls ein paar Jahre aktiv geschwungen und durftest unteranderem mit Christian Stucki als Teil des Berner Teams am ESAF antreten. Washast du aus dieser Zeit mitgenommen?
Für mich war es etwas vomSchönsten, was ich im Schwingen erleben durfte, ein Teil des starken BernerTeams zu sein. Als ich in meinen Anfängen gesehen habe, wie spezifisch dieTopathleten im Schwingen trainieren, war mir klar, dass es für mich nur diesenWeg gibt und dass ich das gleiche Engagement auch im Hornussen umsetzen muss.Von Christian Stucki und auch von Matthias Sempach habe ich unglaublich viellernen können. Beide mussten Rückschläge einstecken, bevor sie Schwingerkönigwurden und genau diese Resilienz hat mich beeindruckt und inspiriert.
Du hast beim Schwingen viel gelernt und umgesetzt, was dir nun beimHornussen nützlich ist. Du warst vor dem Meisterschaftsstart am Ausbildungstagdabei. Was konnten die Teilnehmenden von dir lernen?
Ich finde, dass dieser Anlass eingrosses Potenzial für unsere Nachwuchsförderung bietet. Es ist jedoch sehrwichtig, dass auch die Betreuer der Nachwuchshornusser vor Ort sind, damit derAustausch reibungslos funktioniert. Die Jungen kommen, um zu profitieren unddeshalb muss man eine gute Plattform schaffen, die ihnen echten Mehrwertbietet. Nur so können wir sicherstellen, dass sie im nächsten Jahr wiederkommen und weiterhin von der Veranstaltung profitieren.
Was sind die Ziele für diese Saison als Team und persönlich?
Mit der Mannschaft wollen wirkeine Nummer kassieren und den Schweizermeistertitel verteidigen. Wir strebenzudem an, die Feste zu gewinnen, was jedoch nur mit einer fehlerfreienRiesarbeit möglich ist.
Persönlich wäre es schön, wenn iches wieder einmal schaffen könnte, Schweizermeister zu werden. Der interneKonkurrenzkampf ist jedoch sehr hoch, was es sicher nicht einfach macht.
Ist die starke Konkurrenz im Team der Grund für die Erfolge der letztenJahre?
Aus meiner Sicht macht es dich stärker,wenn du in einem starken Team mit vielen Spitzenschlägern spielen kannst. Wenndu dich bereits im Training mit ihnen messen kannst, wirst du besser und lässtnicht nach. Wichtig ist jedoch auch, dass du deinen Teamkollegen den Erfolggönnen kannst. An erster Stelle steht das Team. Es ist das Besondere an unseremSport, dass man als Teil des Teams Erfolge feiern kann, aber auch alsEinzelperson seine eigenen Erfolge erzielt.
Gibt es noch etwas, was du beim Hornussen erreichen willst?
Für mich ist dieser Titel dieErfüllung eines Kindheitstraums und damit eine grosse Genugtuung. Als Kind warich oft mit meinen Grosseltern, die in Zuchwil wohnten, spazieren und habedabei das Training unter anderem von den Gebrüdern Binggeli und Jürg Eggimannbeobachtet. Damals habe ich mir das Ziel gesetzt: Ich möchte auch einmal so gutwerden wie sie. Sie haben mich in jungen Jahren sehr geprägt.
Was tut ihr als Team dafür, dass ihr weiterhin an der Spitze bleibenkönnt?
Es ist nicht einfach, das hoheNiveau zu halten. Der Nachwuchs hat heutzutage oft auch andere Interessen, dieneben dem Hornussen wichtig sind. Für mich gab es in diesem Alter nur Hornussenund ich habe alles für diesen Sport gegeben. Wir diskutieren intensiv darüberund suchen kontinuierlich nach Wegen, um auch in Zukunft an der Spitze zubleiben.
Das ist ein Prozess, der nie endetund über Jahre hinweg durch eine durchdachte Vereinsstrategie geführt werdenmuss.
Für mich ist Wäseli eineVorzeigegesellschaft, die seit jeher an der Spitze dabei ist.